Montag, 28. November 2011

weakend

Aus einem grifflosem Schrank. Statt dem Gespräch zu folgen, rätsel ich über den Schließmechanismus. Sah aus, als hätte er ihn mit einem Wischen geöffnet. Sah doch so aus, oder? Das Oder aus Versehen laut. Allez im Profil. Allez konzentriert sich, die Arme verschränkt. Der Mann trägt ein weißes Hemd und graue Hosen. Kein Namensschild, korrekte Miene. Wirklich sehr angemessen. Ich kann ihn gar nicht ansehen, möchte nichts gefragt werden. Auf meinem Handgelenk noch ein Stempel von vorletzter Nacht. Wann dürfen wir gehen/ Wieso ist das so schlimm. "Kaum einer kann etwas dafür. Glauben Sie mir. Sie haben die Broschüren gelesen?" Fischgrät-Parkett, schätze Nussbaum. Allezs' weiche Stimme, vorab ein Räuspern: "Ja." Jetzt schliesst er den Schrank und ich bekomme wieder nicht mit, wie genau er das macht. Diesmal angeblich, weil es mich traurig stimmt, dass Allezs' Stimme so weich ist. "Ganz gut gemacht, nicht? Übersichtlich, verständlich beschrieben. Neue Auflage." "Wie machen...also, sollen wir das machen?" fragt Allez, die Hände in die Achselhöhlen schiebend. Also gibt Herr Siszek mir die unerhört leichte Waffe in die Hand, was mich trotzdem wundert, weil ich die ganze Zeit nichts dazu gesagt habe. "Sie müssen ihn spielerisch darauf vorbereiten." Darauf nicke ich, halbautomatisch.

Freitag (+ Samstag "Die Braut verreckt 2")
Die Strassen haben die Namen von Bäumen. Wir ordern die Taxe also später in die Pinienstrasse, gehen ihr auf der Fichtenstrasse entgegen. Hier gibt es Aluminium-Fassaden und Jalusien und jede Menge Wendehämmer. Die Stunden zuvor habe ich auf dem Dancefloor gelitten, der aussah wie ein Küchenboden in einem Musterhaus, von dem es hier sicher auch einige direkt nebenan gibt. Der Laser, rot und grün, schnurgerade zwar, doch änderlich im Winkel, eilt schneidet den Raum, diesen in Streifen schneidend. Um dann doch auf meiner Brust zu enden, diese mit Punkten zeichnend. Langsam hochwandert, fächernd. Alina, Ilona, Natasha, Katjuschka, Aneta, Natalya. Trage ein Netzhemd mit goldenen Reichsadlern. Traue der Garderobiere nicht.

Donnerstag, 24. November 2011

Früh und noch dunkel. Mit einer Hand den klammen Fels abtasten. Kühl und still wie alles das Zeit hat. Die andere umfasst die Zahnbürste. Von den Knöcheln bis zum Puls voll mit Speichel, Zahncreme und Trübnis. Kopf im Nacken. Lautlos Stufen zählen, dem Schall widerstehend. In einen Ärmel läuft es kalt. "Boah- nee" (leise, ausspuckend). Beklemmung wäscht sich so schwer aus.




Montag, 21. November 2011

polyuniversal

Dreht man den Kopf zur Seite, wissend was man dann sieht, darf man sich nicht erschrocken geben, wenn es nur zur Folge hat, dass man eben den Kopf gedreht hat und alles so ist wie angenommen. Dreht man die Finger ineinander, nicht zu doll, die Hände im Schoß liegend. Ach was. Dreht sich den Rücken zu, im Fensterglas, sieht nur kurz sein Gesicht über der Schulter schweben und fragt sich aus Höflichkeit, wovon es handelt. Bevor es draussen hell wird, oder drinnen dunkel. Das Bild wieder Fenster wird, das Fenster wieder Glas.

Als ich mir selber noch Haken schlug, und nicht diesem Wachhund. Der bellt sogar und wir lachen sogar, ausser kaltem Atem. Tickets in der Hand auf einem Teppich voller Nieten. Ich weiß nicht. Vielleicht 40 Meter hoch, aber wir sehen nichts, weil es so nebelig ist. So richtig geiler Nebel. Die bunten Auren der anderen Fahrgeschäfte. Im Schnitt ihrer Radien kein Glück, das wir nicht zahlen könnten. Die kalten Bügel in den Händen, schweigen wir andächtig bevor wir nach unten fallen. Halten feierlich die Fresse, als es uns wieder nach oben reisst.

Freitag, 18. November 2011

apheliotes

Kongresshotel Potsdam. Es gibt drei Flügel, jeweils einem Luftschiff gewidmet. Hindenburg aber nicht. Crashglasoptik an den Verblendflächen des Buffets. Extra kaputt weil schöner. Der Kriminologe schenkt mir ein Exemplar seines Bestsellers. Er hat braune Schuhe, einen dunkelblauen Anzug ist seit 30 Jahren verheiratet und macht K.o. Komplimente. Setze schon seit Stunden auf Zen-artigen Gleichmut. Kommt nicht gut an. Beide im Gespräch während ich vorallem atme und die Zunge in den Gaumen oder die Wange drücke. Beide sind sich einig in allen Punkten. Unaufgeregte Einwände von mir. Keine Zustimmung: Nein, so nicht. Keine Gewalt. Kein Gaunerei. Kein garnichts. K.o. sagt, in das Nicken des Professors rein, sie wünsche sich einfach das es so sei. Zähle alle Zeppeline im Sichtfeld und sage, ich fände es nostalgisch, den Glauben an bestimmte Dinge zu verweigern, anstatt damit einfach aufzuhören. K.o. zwang mich am Vorabend Kein-Ohr-Hasen zu gucken. Schlimm, schlimmer, Schweiger. Beste Momente unserer gemeinsamen Zeit: wache Nachts bestimmt dreimal orientierungslos auf. Draussen lungert der Winter rum und wer nicht frieren mag, wird besser kalt.

Wieder alles gut weil schnalzend auf der Strasse. Wehender Mantel und rollender Koffer in Potsdam abends. In den Fussgängerzonen grassieren bundesweit die Weihnachtmärkte. Blicke en passant. Ich glaub ich sehe fabelhaft aus, was daran liegen wird, dass ich rastlos bin und allein. Mehrere Kleist Gedenk-Tafeln. Gewalt ist voll ok. Wir sind hochkriminell, meine Komplizen und ich, die ich sie gerade nur kaum vermissen darf, weiß ich sie im Hinterhalt meines Herzens.

Mittwoch, 9. November 2011

aggressions-training

"One evil deed a day, keeps the psychiatrist away." Der Redner ist Kriminologe und Soziologe und Hanseat. Die Kundenberater notieren in die ausgelegten Blöckchen. Die Kugelschreiber wurden darauf diagonal, nach rechts aufsteigend platziert. Münster/Mövenpick. Im Tagungsraum gegenüber ein Treffen des TOP-Magazins und des TOP-of-the-TOP's. In der Pause beinahe Kollision der Teilnehmer. Eben genannte in der deutlichen Minderheit. Aber mehr Frauen als die Banker. Aber auch mehr Golden-Retriever als die Banker. Ältliche Frauen vor allem, Platin bis Beige. Lack und Wildleder in Kombination (!), teilweise zu 1A VHS-Stiefeln geformt. Mode eben, die meist in Boutiquen erworben wird. Sylter-Strand-Trends deren Ursprünge sich bis nach Krefeld zurückverfolgen liessen. Würde man das wollen. Eine Mitarbeiterin des Hotels kennt mich, ganz sicher, sie sagt sogar "Doch". Der Überraschungsgast ist auch Viktimologe. Bemerke erhebliche Differenzen in den Waschsteinformaten und Materialien auf den Toiletten im Tagungs- bzw. Restaurantbereich. Versuche möglichst lasziv eine Carrera-Bahn abzubauen. Ich muss dringend etwas böses tun und entscheide mich (völlig falsch, multidimensional- nebenbei) für einen Hitler-Gruß vor der Lions-Plakette im Foyer. Meine Handschuhgröße ist übrigens 6.5.

Dienstag, 1. November 2011

"Was nimmt sich der November eigentlich raus, so irre schön anzufangen?"
Allez ist völlig fertig. Er raucht bestimmt zwei-drei Zigaretten mehr als üblich. Fährt sich nicht ein einziges mal dabei durchs Haar. "Trotzdem." Mehr fällt ihm für Minuten nicht ein. Er trinkt Wasser, ich auch. Voll gut- Wasser. "Was soll ich mit dem Zimmer machen?" Keine Ahnung, es gehört nicht dir. Du kommst ja nichtmal rein. "Es ist aber mein Haus."Jetzt steigt er rauf, aufs Dach, mit heimlich zitternden Knien und schaut runter in die Stadt. Mit den Armen und dem Brustkorb lehnt er feste auf der Brüstung. Das rechte Bein übernimmt den Rest, das linke dreht sich frei auf der Spitze seines Fußes. Wie lieb er mir ist. "Ich hatte keine Ahnung von dem Raum. Der musste neu sein oder sowas." Das ist unmöglich. Es ist nicht einfach so ein neuer Raum da."Du standest doch drin! Und dann das ganze Zeug- sowas hab ich noch nicht gesehn. Die ganzen Bilder. So komisch groß. Die Wände erst! Und jetzt, keine Klinke mehr." Ja, aber das Haus ist doch ziemlich groß."Trotzdem." Ich lege meine Hand zwischen seine Schultern und sein Zorn flattert in meiner Brust. Und weil er tatsächlich weint, lenke ihn für ungefähr zehn Minuten mit der Geschichte eines Mädchens ab, das Angst vor Motten hat, und deshalb Nachts das Licht anlässt.